Erstes Schreibclubsches Manifest

Wer wir sind: Wir sind der gebündelte Strahl der Genialität, der die Nebelschwaden des Mittelmaßes durchpflügt und die Elementarteilchen zum Urknall anstiftet. Wir sind der Kometenschauer, der das Herzblut des Planeten zum Siedepunkt treibt.

 

Wir sind das brodelnde Magma, das die buchstabenschwangere Ursuppe befeuert, auf dass ihr dampfender Leib dunkelbunte Multiversen gebäre, die in kristallinem Funkenregen zerbersten, emporgehoben in lichtblaue Höhen im Tanz der Sternschnuppen.

 

Was wir wollen: Wir streben nach der neurotischen Homöostase von Geschriebenem und zu Schreibendem, nach dem Ende der Entropie, nach der Neuschöpfung des Ausgeschöpften, nach der Revolution der Imagination; wir wollen hochstapeln, verballhornen, ausposaunen, bauchreden, anzetteln, herumstrolchen, behexen, herbeidichten, aufstacheln, entbrennen, beflügeln und nach getanem Werk ins Nirwana eingehen.

 

Woher wir kommen: Wir kommen aus dem Dunst der Spiralnebel, aus dem Atem der Weltseele, aus dem Äther des Werdenden.

 

Wohin wir gehen: Wir wagen uns vor in den Schlund des Abartigen, in den Brennkessel der Schnapsideen, ins Treibhaus der Lesefrüchte, auf den Spielplatz der Bücherskorpione, zum Wipfel des Absoluten.

 

Wen wir lieben: Wir glühen für die kreative Deutungsmacht des Kollektivs; wir hegen innigste Gefühle für die zartgrünen Sprösslinge unseres schöpferischen Geistes.

 

Wen wir hassen: Wir verabscheuen nationalsozialistische Lederhosenspießer, halbverweste Heldenorgler, bierbäuchige Betonköpfe und verkokste Verleger.

 

Wen wir bewundern: Wir huldigen dem Waldmenschen, Siggi Cruise, dem Urzeit-Sepp, Alice im Wunderland, dem Pantheon der Bierpunks und uns selbst.

 

Wen wir verachten: Wir schauen herab auf schnarchnasige Banausen, notgeile Sittenwächter, graue Herren, hoffnungslose Heimatdichter und literaturkritische Hosenträger.

 

Wie wir schreiben: Wir schreiben, wie wir wollen.

 

Wie wir ticken: In uns schwingt das Pendel des nie da Gewesenen.

 

Wofür wir leben: Wir haben uns gänzlich dem Streben nach Vollkommenheit gewidmet; in unseren Adern pulsiert die brennheiße Druckerschwärze makelloser Meistererzählungen.

 

Wofür wir sterben: Wir opfern uns jederzeit bereitwillig für die leuchtende Flamme der Phantasterei.

 

Was uns antörnt: Wir lassen uns becircen von molligen Metaphern, sinnlichen Sarkasmen, knusprigen Jamben, praller Prosa, brettharten Umbrüchen, schwellenden Textkörpern, hauchfeinen Strichpunkten und sehnsüchtigen Synonymen.

 

Was uns runterzieht: Nichts kann uns erschüttern, es sei denn, das erste Wort ist noch nicht geschrieben.

 

Was wir hoffen: Wir erträumen uns ein permanentes zerebrales Wetterleuchten, einen nie versiegenden Quell der Inspiration, einen Erzählstrom, der nach langer Reise durch fruchtbare Ebenen in den Ozean der Weltlegenden einmündet.

 

Was wir fürchten: Wir ängstigen uns vor den Reißzähnen des Kunstkommerzes, vor den Klauen der Gedankenlöscher, vor den Krallen der Zensoren, vor den Fettfalten der Dummköpfe.

 

Was uns den Atem nimmt: Wir drohen an den Fallstricken der Notwendigkeit zu ersticken; in der Not vereint hauen wir die zotigen Knoten mit scharfer Zunge entzwei.

 

Was wir fordern: Wir kämpfen für die progressive subjektive Entgrenzung des Ich.

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