Das Universum ist nicht genug

Wie Astra Korngold zur Ätherdruidin wurde

Astra Korngold wurde am 7.7. 1962 als siebentes von sieben Kindern einer Tiroler Bergbauernfamilie in Buch bei Jenbach geboren.

 

Schon im Kindesalter verfügte Astra über das zweite Gesicht und hatte Visionen von Engeln, Geistern und Dämonen, die sie in Bildern und Gedichten aufzeichnete. Besonders der Himmel, die Gestirne und das Universum im Allgemeinen übten beträchtliche Faszination auf die kleine Astra aus und sollten fortan ihr Leben und Schaffen bestimmen – genauer gesagt, das Bestreben die Einblicke in die überirdische Welt in eine gefällige künstlerische Form zu übertragen.

 

Ihre Eltern, Arno und Amalia Korngold, förderten die Begabung ihrer Tochter, indem sie ihr zum fünften Geburtstag ein Schreibheft, einen Kugelschreiber und ein für die damaligen Verhältnisse modernes Sternguckgerät schenkten. Diese Geschenke kamen Astra durchaus gelegen: In ihrer jüngst bei Piper erschienen Autobiographie „Per aspera ad astra – my hard way to the top“ beschreibt sie, wie sie in sternklaren Nächten von zuhause ausbüchste und über Bergwiesen und Almen tollte, wo „unter jeder Baumwurzel ein Wichtlein flüsterte und weiße Fräulein zum Tee luden“, und sie all jene Wesen beobachtete, die „munter über den Himmelsleib von Schwester Luna krabbelten“. Am nächsten Morgen fand man den Wildfang dann zerzaust, aber glücklich in einem Heuschober schlafend oder unter einem Baum, wo er die nächtlichen Erlebnisse in das Schreibheft übertrug. Der Output war beträchtlich: Als einmal alles Papier im Haus aufgebraucht war, bekritzelte Astra nicht nur die Wände der elterlichen Bauernstube, sondern beschrieb auch noch ein halbes Dutzend Schweine – was half es da, dass die Eltern zeterten, die kleine Astra war bockig wie eine Gams und beugte sich keiner  irdischen Autorität. Dafür verstand sie sich bestens mit den Hühnern, Rindern, Schweinen und Katzen am Hof. Der Zeitzeuge Balthasar Strillinger, der sich damals als Hüterbub  am Hof verdingte, will die kleine Astra regelmäßig in Begleitung von Gämsen, Rehen und Bärchen gesehen haben, die das Mädchen ohne Scheu umgaben und mit Milch, Nüssen und Beeren versorgten. Aber diese Berichte wurden als übertrieben bzw. als Hirngespinste eines verhaltensauffälligen Buben abgetan.

 

Mitte der 1970er Jahre fand Korngold Anschluss in der Astrologie- und Wahrsage-Szene Jenbachs. Anfangs begeistert von den Kometenschauerpartys und erkenntnisfördernden Räuchermischungen, merkte Korngold bald, dass sich die Szene eher hausbacken dem Überirdischen annäherte und damit weit unter ihrem Niveau stand. „Die Transskription vom Metaphysischen, Kosmischen, dem Urknall auf ein Blatt Papier, geschliffen wie eine Mondsichel und hell wie eine Supernova – das ist es, was ich wollte!“, erzählte Korngold jüngst Armin Wolf in der ZIB 2. Nach der Matura an der HTL Jenbach war es dann soweit: Korngold inskribierte sich in der School Method Writing in Nürnberg und trat dem gleichnamigen Schriftstellerzirkel bei, deren Mitgliedschaft sie allerdings später als „Sprungbrett und Mittel zum Zweck“ relativierte. 1976 promovierte sie mit Auszeichnung. Bereits während des Studiums veröffentlichte Korngold ihren ersten Gedichtszyklus: „Nostradamus, du kannst scheißen gehen!“ sowie das lyrische Kochbuch „Milchstraße mit Zimt“. Es folgten der Science Fiction-Bauernroman „Notburga Blake“ und das Theaterstück „Das Narrenraumschiff“. Die Literaturkritik würdigte sämtliche Werke als „sprachlich kosmopolitisch“, „strahlend in Form und Inhalt“. Dennoch verkauften sich die Werke nur mäßig und Korngold sah sich mit so weltlichen Dingen wie einem leeren Kühlschrank konfrontiert. Nachdem sie eine Weile als Taxifahrerin in Wörgl gearbeitet hatte, entwickelte sie schließlich die Hundefuttermarke „Korngold“, die ihre Geldbprobleme schlagartig aus der Welt schaffte. Weitere Tierfutter-Brands folgten, die das Korngold`sche Imperium weiter wachsen ließen. „Endlich bin ich reich“, resümiert Korngold in ihrer Autobiographie. Reich an Erkenntnis und Gold. "Jetzt kann mich nichts mehr stoppen!“ Tatsächlich machte sie der Erfolg unabhängig und erlaubte es ihr, sich ganz ihrer literarischen Vision zu widmen.

 

In den 1980er Jahren unternahm Korngold ausgedehnte Reisen u.a. nach Wales, Chile, Indien, Ägypten, Italien und Betelgeuze, um dort die verschiedenen Facetten des Nachthimmels zu studieren. Ihr Kontakt zu verschiedenen außerirdischen Lebensformen, von denen sie sich bereitwillig ent- und überführen ließ, kam Korngold dabei zugute und wirkte sich auch auf die neue Schaffensperiode aus. Ihr von Homer inspiriertes Epos „Am Arsch der Galaxis“ ist keineswegs eine Science-Fiction-Geschichte, sondern die Beschreibung eines interstellaren Fluges von Vega nach Alpha Centauri und zurück, den sie an Bord eines Raumkreuzers der Thetulaner verbrachte – ein Volk gasförmiger Plasma-Magnetoiden, zu dem Korngold bis heute eine herzliche telepathische Freundschaft unterhält. Nachdem Korngold das diesseitige Universum ausreichend erforscht hatte, zog es sie ins Paralelluniversum 43888B auf den Planeten Kirgul coelestis, wo sie sie den kirgulesischen Kosmoethnologen Doma Mischanig kennenlernte. Mit Mischanig, einem „bärigen Hegel und Saufkumpan“, wie Korngold ihn in ihrer Autobiographie beschreibt, erforschte sie in den folgenden Jahren das weithin bekannte Phänomen der „Kornkreise“. Wie allgemein bekannt ist, handelt es sich dabei um in Felder gestanzte polygonale, elliptische, spiralförmige oder fraktale Formelemente. Laut Korngold und Mischanig sind diese jedoch nicht das Werk Außerirdischer, wie oft fälschlicherweise behauptet wird, sondern lediglich der Fraß des gemeinen Kornkreisbibers. Dabei handelt es sich um eine intelligente, hamsterähnliche Spezies, die infolge verschiedener Mutationen und Umweltgifte eine kollektive Zwangsstörung entwickelt hat, welche sich in Form eines geometrischen Fressverhaltens äußert. Auf Korngold und Mischanig geht auch die bekannte Theorie vom „Cosmic Garbage“ zurück, nach der extraterrestrische Weltraumreisende bereits vor langer Zeit die Erde besucht und dabei jede Menge Müll zurückgelassen haben. Auf den Resten des außerirdischen Picknicks sei dann versehentlich das Leben auf der Erde entstanden.

 

Obwohl von Korngold keineswegs beabsichtigt, scharten sich um sie – wo auch immer sie war – stets zahlreiche Anhänger, die sie einerseits als Schriftstellerin, andererseits als eine Art Meta-Philosophin und Reinkarnation von Jesus oder Hildegard von Bingen verehrten. Die daraus hervorgegangenen Fanclubs wurden 1994 unter der Dachorganisation „Ordo Templis Aurogranum“ zentralisiert, die heute interstellar organisiert ist und dem Korngold als große „Ätherdruidin“ vorsteht. Nach Jahren des Reisen und zahlreichen gefeierten (und mittlerweile auch kommerziell sehr einträglichen) Publikationen überraschte Korngold ihre Fans als sie sich 2007 auf Malta niederließ und den maltesischen Hutmacher Qamar Marsa ehelichte. Die frisch Vermählten bezogen einen rund 200 m² fassenden Tumulus, den Korngold Stein für Stein ausgraben und vom Schwarzwald nach Valetta überführen hat lassen. 36 Megalithen, die nach dem Mondzyklus angeordnet sind, säumen das Hügelgrab und sagen zuverlässig das Wetter voraus. Neben dem unterirdisch verzweigten Hauptkessel verfügt der Tumulus noch über einen Anbau, in dem verschiedene Tiere hausen – darunter Hunde, Katzen, Affen, Wiesel, Nashörner und vereinzelte Komodowarane. Durch das spezielle Fluidum, welches das Korngold`sche Anwesen umgibt, leben die Tiere relativ autonom und in Frieden miteinander.

 

2013 sorgte Korngold für Aufsehen, als sie das Angebot des Malteserordens ausschlug, als Ehrenmitglied in den ersten Stand aufgenommen zu werden. Umso herzlicher pflegt sie jedoch den Kontakt zu ihren Fans. „Ich bin das Medium, die Message und der Klappentext. Niemand kommt zur Literatur außer durch mich“, twitterte Korngold unlängst . Und ja, sie hat recht!

 

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