Die Sphinx an der Frittenbude

Tina Trash beißt der Welt den Zeh ab

Das mexikanische Kunstschulmädchen Tina Trash verließ das süße Alabama, um der Welt mit ihren Texten in die hämisch grinsende Fratze zu dreschen.

 

Tina ist anders. Feuerrotes Haar und schwarze Lackcowboystiefel. Indigoblaue Augen und der Körper über und über übersät mit grünen Tätowierungen.

 

Sie ist so toxisch heiß, dass jene Zeit ohne Sex und Alkoholkonsum die wohl schlimmste Viertelstunde in ihrem Leben war. 


So schreitet Sie durch die Wüsten dieser Welt und studiert deren wildromantische Pracht, Andersartigkeit und Hässlichkeit. Auch wenn die Sonne böswillig herab brennt, bleibt Ihre Sicht auf die Dinge kühl und klar, wie eine perlende Coca Cola aus der Kühltruhe. Behände tanzend produziert Sie rosa Kaugummiblasen oder pfeift Melodien von Pink Floyd in den Wüstenwind; immer auf der Suche nach Auffälligkeiten, die ihrer extravaganten Einschätzung bedürfen. 


Manchmal verschlägt es sie auch in urbanes Gelände. Dort ist Hausverbot Tinas täglich Brot, nachdem Sie dem dreiundvierzigsten Präsidenten der U.S.A., George Walker Bush, den kleinen Zeh seines linken Fußes abgebissen und ins Gesicht gespuckt hat. Abgelehnt und missverstanden vom Mob - eine vom Untergrund gefeierte, blühende Distel. So beschreibt Sie Bob Geldof in seiner Enzyklopädie. Sie püriert die Gülle der Abwasserkanäle zu einem Mus, das sie bedächtig in das Füllhorn der Gesellschaft schöpft. Lungert diese dann fett und träge in ihren Sofasesseln, beginnt Tina Ihre Jagd. Eine Jagd ohne hinterhältige Fallen. Aktive Attacke lautet die Devise!


Tina selbst ernährt sich in der Stadt meist von kulinarischen Köstlichkeiten, welche erst durch die hohe Kunst des Frittierens zu jenem Geschmackserlebnis werden, das die drei Pommesbudentanten vom Grill versprechen. Rund um den Fresstempel herrscht immer rege Rauflust. Verkeimte Tauben balgen sich lautstark gurrend und flatternd um halb vergammelte Essensreste. Aber Tina weiß, dass Tauben auch nur Menschen sind. Sie tritt mit einem erstaunlichen Grad an Beherztheit inmitten des zankenden Federviehs, wirft Fritten in die Runde und trägt so zur Milderung der überhand nehmenden Rohheit bei. 


Meistens jedoch durchkämmt sie die Wüste. Sie wandert auf den Dünen und die Dünen wandern mit ihr. Spuckt Tina, so wie Frank Rijkaard es sie gelehrt hat zu spucken, auf die kargsten Stellen des Sandkornuniversums, gräbt sich eben dort ein Quell erfrischenden Grundwassers ans Tageslicht. Wo einst Sand die Vormachtstellung innehatte, nimmt der Zauber seinen Lauf und sagenhaft fruchtbare Oasengärten schießen hervor und laden zum Naschen an den herabhängenden, süßen Früchten ihrer Palmen ein.


Dann geht die Sonne unter. Es wird eisig kalt. Während die am Himmelszelt angebrachten Sterne lila funkeln und die kräftigende kosmische Strahlung des Messier 81 NGC 3031 Spiralnebels auf Ihren Körper einströmt, mutiert die Trash zu einer geflügelten Sphinx. So liegt Sie nun versteinert da. Die Schwingen angelegt, die Pranken ausgefahren und den Kragen aufgestellt wie eine Königskobra, die kurz davor ist zuzuschnappen. Blinzelt jedoch am nächsten Morgen die Sonne wieder über den Dünenspitzen hervor, wird sie wie elektrifiziert hochschrecken und wild losbrausen, um dem Wüstenalltag ein neues Detail unbestimmter Essentialität zu entlocken. Immer der Sonne entgegen.

 

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