Schwängeln mit Methode

Die inkomplette Vita des Fastfoodautoren Harri von S.

Harri von Schwängel (Sohn) – auch bekannt als Harro Rüssel oder Harri Saugnapf – stammt aus einem alten Adelsgeschlecht, dessen Stammbaum bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht.

 

Bis zur Neuzeit stellten die Schwängels eine Reihe glanzvoller Kaiser und Könige, bevor dieses sich durch die Schwängelschen Erbfolgekriegen im Jahre 1743 selbst zu Grunde richtete – ein Umstand, den Harri von Schwängel in seinen Werken stets ausführlich bejammerte.

 

Schon früh versuchte Harri die Last der Vergangenheit auf schriftstellerische Weise zu kompensieren: Mit drei schrieb er das freudianische Sonett „Ich Harri, du Schwängel“, mit vier das cartesianische Theaterstück „Ich schwängle, also bin ich“. Seine Eltern förderten sein Talent, indem sie ihn im Alter von sieben Jahren in die Elite-Schreibschule der legendären Paula Pelzig nach Prag schickten, das damals noch Teil der Österreichisch-Ungarischen Donaumonarchie war. Bei Paula Pelzig lernte Schwängel nicht nur die Rechtschreibung, sondern legte auch den Grundstein für seine schriftstellerische Integrität, indem er die berühmte Schule des „Method Writing“ begründete.

 

Ausgehend davon in jedem Satz und jedem Wort und jeder Silbe die eigene Befindlichkeit zum Ausdruck zu bringen – ja, sogar jeden Buchstaben persönlich zu färben – sprengte das Method Writing bisherige handwerklichen Konventionen. Sein Werk „Der Hasenkoch“ – bei dem Schwängel während der Ausarbeitung mit einem Rudel Feldhasen zusammenlebte – umreißt auf die Philosophie auf 3.000 Seite. Durch seine manische Schreibtätigkeit umfasste das Werk an seinem 18. Geburtstag bereits gute 10.000 Seiten Lyrik, Prosa und Drama.

 

Kurz nach der Matura überwarf sich Schwängel mit Paula Pelzig, da diese sein Werk als "schwatzhaftig, weitschweifig und langatmig" kritisierte. Daraufhin fiel Schwängel in eine tiefe psychotische Krise, die gleichzeitig den Beginn einer 23jährigen schreibabstinenten Phase markierte. Der kritikunfähige Schwängel soll nackt und sich mit einer Alraune geißelnd, Reißaus genommen haben, während er immer wieder skandierte, er würde nie wieder auch nur zwei Worte sinngemäß aneinander reihen.

 

Und tatsächlich machte er diese Drohung wahr denn er verschwand komplett in der Versenkung und dementsprechend lnebulös präsentiert seine Vita zu dieser Zeit. Einige Jahre soll er als Hahnenkampfveranstalter auf den Kapverdischen Inseln sein Dasein gefristet haben, später sei er Wunderheiler in Patagonien gewesen. Briefwechsel belegen erste Kontakte zum Schreibclub, doch Schwängel streitet bis heute jede Verbindung zu der Vereinigung ab.

 

Gerüchte zufolge sei Schwängel 1992 bei einem Jagdunfall im Altiplano-Hochland verblutet, nachddem ihm ein tollwütiges Lama die Hoden abgebissen hatte, doch just zu diesem Zeitpunkt tauchten in diversen Literaturgazettent neue Texte von Schwängel auf. Zwar wurden sie unter Pseudonymen publiziert (z.B. "Hartmut Schlingel"), doch sie konnten eindeutig dem Stil Schwängels zugeordnet werden. Wohlmeinend vom Feuilleton aufgenommen wurde, dass Schwängel mittlerweile nicht nur die Beistrichsetzung beherrschte, sondern das Method Writing auch auf Satz-und Sonderzeichen ausgeweitet hatte. In diesem Sinne: Weiter so, Schwängel!

 

Druckversion | Sitemap
(C) 2020 Der Schreibclub